Eine “einfache” Reise nach Junbesi – ein Drama in vier Teilen – Teil 1

DSC01925Junbesi liegt auf dem Himalaya-Trail zwischen Kathmandu und Mount Everest, ein idyllisches Dorf auf ca. 2600 Höhe. Als ich nach einem Freiwilligen-Einsatz in Nepal suchte, erhielt ich über verschiedene Ecken Kontakt zu dieser Schule, die einst von Sir Edmund Hillary für die Unterrichtung der Sherpa-Kinder gegründet wurde. Die Beschreibung gefiel mir. Der einzige Punkt war, wie ich dorthin kommen sollte – der nächstgelegene Flughafen ist geschlossen, und ich würde den öffentlichen Bus nehmen und dann drei Tage zur Schule gehen müssen. Auf meine ängstliche Anfrage, ob eine völlig untrainierte, unfitte Dame mittleren Alters, die im Wandern weder geübt noch willens ist, mit dem Gehen klar kommen würde, wurde mir versichert, dass dies kein Problem sei, der Weg wäre „einfach“. Ich stellte mir Folgendes vor: Der Bus bringt mich auf eine Höhe von ca. 2600 Metern, und dann wandere ich gemütlich dahin, kehre abends in hübschen Hütten ein (Zimmer mit Bad, Gemeinschaftsraum mit Feuer), und habe eine entspannte Zeit (ja, so naiv kann man sein, ich war noch nie auf einem Trek – ich hätte mehr Fragen stellen sollen). So beschloss ich, mich auf das Ganze einzulassen, einzige Bedingung: Ein Träger für mein Gepäck.

Der 1. Tag

IMG_1406Mein Träger Kharma und ich besteigen den öffentlichen Bus in Kathmandu – vollbesetzt, aber keine Hühner oder ähnliches, was ich durchaus hätte erwarten können. Mit laut plärrender nepalesischer Musik geht die Reise los, Dauer geschätzte 6-7 Stunden. Bis zur Endstation war angeblich kein Platz mehr vorhanden, daher geht unsere Reise nur bis zur vorletzten Station, von da an soll es zu Fuss weitergehen. Bald weiss ich, dass Achterbahnfahren mir nie wieder Schrecken einjagen wird – das echte Fahren auf der Strasse entlang atemberaubender Abgründe ist viel schlimmer. In den Serpentinen lehnt sich der Bus jedesmal schräg zur Seite, Gegenverkehr wird nah am Abgrund ausgewichen, das Ganze ist aufregend, aber nicht ungefährlich (wie ich erst später erfahre, fallen wohl so einige Busse die Kante herunter). Mir wird langsam klar, dass aus dem entspannten Gehen eigentlich nichts werden kann – Nepal besteht aus einzelnen Bergen, und wenn man drei Tage gehen muss, dann kann das eigentlich nur heissen, dass man rauf und wieder runter muss, und rauf und wieder runter – und diese Berge sind verdammt steil. Mir fängt an, Böses zu schwanen, und ich versuche meinen Träger dazu zu bewegen, nach Plätzen bis zur Endstation zu fragen, damit ich mir wenigstens 1 Tag laufen sparen kann – aber entweder versteht er mich nicht, oder er will nicht, jedenfalls fragt er nicht, und meine eigenen Versuche beim Schaffner verlaufen mangels Sprachvermögen erfolglos.

IMG_1421Aus den 6-7 Stunden werden dank Pausen, Reifenpanne, und weil es einfach so ist, 12.5 Stunden, und die letzte Stunde geht nur noch über eine „Off-Road“ Piste, die eigentlich für Busse nicht wirklich geeignet ist – ich bin mittlerweile froh, dass es dunkel ist, und freue mich nur noch auf meine hübsche Hütte, eine Dusche, nettes Essen.

Kurz darauf sitze ich in einem dreckigen Bretterverschlag, mit steinharten Betten, dreckigem Bettzeug, und ausser drei Betten und einer Glühbirne gibt es hier wirklich nichts, noch nicht einmal einen Vorhang zum Nebenzimmer. Das Badezimmer ist eine nach Urin stinkende Gemeinschafts-Betonhütte, natürlich mit Plumpsklo, im Waschbecken sitzt eine grosse Spinne – macht aber nichts, es kommt dort eh kein Wasser heraus, das sprudelt daneben in einen Eimer und schon lange über dessen Rand, die halbe Hütte steht unter Wasser. Es ist dunkel und kalt. Ich habe meine erste Sinnkrise – nichts von dem Ganzen habe ich erwartet, als ich mich für einen Freiwilligeneinsatz meldete. Ich gehe grummelnd ins Bett, überlebe die Nacht ohne grösseren Schaden, aber mit grossen Bedenken bezüglich des „Gehens“ am nächsten Tag.

2 responses to “Eine “einfache” Reise nach Junbesi – ein Drama in vier Teilen – Teil 1

  1. Pingback: Goodbye Nepal und ein paar Gedanken über das Reisen | Explore. Dream. Discover·

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