Es geschah beim Reiki – ich hatte vorher eine Dusche genommen, und während ich auf dem Bett lag und Natalie meine Chakren reinigte, fühlte ich auf einmal, wie sich mein linkes Ohr “schloss”, und auch im rechten Ohr spürte ich eine leichte Verstopfung. Ich nehme an, dass es Wasser war, es liess mich fast taub zurück, und insbesondere wenn wir als Gruppe zusammen sassen und alle sprachen, konnte ich den Unterhaltungen kaum mehr folgen, was nicht sehr angenehm war.
Entgegen Erwartungen wurde es nicht besser, also suchte ich nach 2 Tagen eine der winzigen Gesundheitskliniken auf, um nach etwas zu fragen, dass den Gehörgang wieder befreien konnte.
Ich erklärte dem anwesenden Menschen mein Problem; er fragte: “Hast Du Schmerzen?” “Nein.” “Hast Du eine Infektion?” “Nein, nur ein verstopftes Ohr, wahrscheinlich Wasser.” Er sah mich zweifelnd an, verschwand dann schliesslich in einem Kämmerlein, und kam mit einem Medikament zurück, das er vor mich legte. Er fragte: “Glaubst Du wirklich, dass Dir das hilft?” “Äh… nun…. ich weiss nicht, was ist es denn?” Unverständliche Fachausdrücke folgten. “Aber was ist es denn?” Unverständliche Fachausdrücke. “Ja, aber was tut es denn?” “Ist gut gegen Schmerzen, und bei Infektionen”. “Aber ich habe doch keine Schmerzen, und keine Infektionen”. “Dann wird es auch nicht helfen”. Er lächelte mich freundlich an. Warum ist es, dass man sich in so Momenten als Idiot fühlt, obwohl man doch nichts falsch gemacht hat? Ich lächelte ebenfalls (zumeist freundlich) und verabschiedete mich.
Am dritten Tag war ich verzweifelt genug, eine Ohrenkerze zu versuchen – dabei wird einem eine brennende Kerze, nicht-brennendes Ende zuerst, ins Ohr gesteckt und abgefackelt. Soll angeblich alles an Unrat aus dem Ohr ziehen.

Bin nicht ich – aber ich sah wahrscheinlich nicht glücklicher aus…
Ich war mehr als skeptisch, aber was sollte ich tun? Es ist schon etwas beängstigend, die Flamme aus dem Augenwinkel immer näher an das Gesicht kommen zu sehen, und sein ganzes Vertrauen auf die Kosmetikerin zu setzen, die die Kerze hoffentlich stabil hält. Als die Kerze fast am Ohr ankam, wurde sie herausgezogen, ich seufzte einen Seufzer der Erleichterung, die Kosmetikerin pulte mir mit einem Wattestäbchen im Ohr herum, und fragte dann, ob alles gut war? Leider sprach sie in meine linke Seite und kam nur dumpf bei mir an, also wurde die ganze Prozedur wiederholt, diesmal mit einem leicht verkrampften Lächeln auf dem Gesicht der Kosmetikerin, und die Kerze besonders fest ins Ohr gerammt. Nützte auch nichts, mein Ohr war immer noch verstopft (ehrlich gesagt etwas mehr als vorher).

Also suchte ich am nächsten Tag eine andere kleine Klinik auf. Der Mensch war offenbar der Ansicht, dass niemand ihn verstand, denn nach jedem Satz sprach er “you understand”? Immerhin benutzte er eine dieser Ohrentaschenlampen, malte dann liebevoll kleine Ohren samt Ohrmuschel und Gehörgang, setzte viele kleine Punkte in das Bild des linken Gehörgangs und weniger in das rechte, rammte mir dafür ein Wattestäbchen ins rechte Ohr (“tut das weh?” “Nein”. “Tut das jetzt weh?” “JAAA”), erklärte mir, dass ich eine Infektion hätte (was mich zu diesem Zeitpunkt nicht wunderte, soviel hatten ich und andere an meinen Ohren herumhantiert), erklärte mir, dass Antibiotika nicht helfen würden (you understand? No), und versuchte mir dann, Antibiotika zu verkaufen (you understand? NO), zu einem Preis, der in diesem Teil der Welt ungefähr einem halben Monatsgehalt entspricht. Als ich aufstand und mich verabschiedete, rief er mir hinterher, dass wir über den Preis reden könnten, wieviel wäre ich bereit zu zahlen, aber ich beschloss, mich taub zu stellen und Ohren Ohren sein zu lassen.
Nach einer Woche Taubheit und einem weiteren nutzlosen Versuch mittels Ohr-Öl suchte ich endlich in Makassar, einer grösseren Stadt, ein Krankenhaus auf, wo ich als barzahlende Ausländerin mit vermutetem dicken Portmonnaie schnell an den Schlangen wartender Menschen vorbei ins Arztzimmer geschoben wurde. Nach Frage nach meiner Religion (was mich etwas beunruhigte, würde ich meinem Schöpfer begegnen?) erhielt ich das Programm Saugen, Waschen, Spülen, und alles war wieder rein, neu, und ich höre besser als vorher.
Die gleiche Situation hatte ich auch gerade, nur ohne Reiki, Ohrkerze und Antibiotika. Verstopftes Ohr im Urlaub, 60€ um mir vorm Hotelarzt sagen zu lassen das es nur verstopft sei und zurück in Deutschland das herrliche Gefühl des absaugen.
Ist schon ein ätzendes Gefühl, so eine Verstopfung. Hat bei mir nur 18 Dollar gekostet, inklusive Saugvorgang – bargain 😄.
Ach Liebes, hättest Du mal Deinen Hypochonder vom Dienst gefragt. Du armes Kind. Man kaufe eine Klistierspritze und spüle das Ohr selbst damit wieder frei. Dauert ein paar Minuten und man ist nicht mehr in Watte gepackt. Ist nämlich wirklich ein fieses Gefühl. Hab da leider Erfahrung…
Klistierspritze – hmmm – Du hast grosses Vertrauen in die hiesigen Apotheken. Hätte glaube ich auch nix genutzt, der Arzt musste schon ziemlich saugen, durch die Q-tips und Kerze war das alles gut gefestigt. Wünschte nur, ich hätte das rechte Ohr gleich mitgemacht.
Hallo Frau Klaff,
wie immer sehr genial geschrieben. Und nun wissen Sie, wie es so tauben Menschen (wie mir :-)) geht.
LG und genießen Sie Ihre Zeit.
Silke Kamperhoff
Jo, Sie haben meine volle Sympathie, es war nicht angenehm; das Gefühl, als das Ohr wieder frei war, war wundervoll. Vielen Dank, Ihnen auch eine gute Zeit im Potsdamer Sommer! Beste Grüsse