Die Rückkehr von Teacher Dorothy – Teil 1

My room in the ROKPA guesthouse - love it

My room in the ROKPA guesthouse – love it

So schnell vergeht die Zeit. Hiermit melde ich mich zurück – ich bin wieder in Kathmandu, in meinem zweiten Zuhause, dem ROKPA Gästehaus, und geniesse das Sofa, den Komfort, das Internet (gab es nicht so viel von in Junbesi, auch aus diesem Grund mein längeres Schweigen), die Wärme (gab es sehr wenig von in Junbesi, ich lebte die meisten Tage praktisch vom Aufstehen bis zum Ins Bettgehen in meiner Daunenjacke), ein wenig Wein (den ersten seit vielen Wochen), und das süsse Nichtstun (toll). Ich werde für einen Monat hier bleiben und meine nächste Reise planen, und wahrscheinlich ein wenig Freiwilligenarbeit machen (wenn ich mich von meinem Sofa losreissen kann).

Eigentlich hatte ich vor, Mitte Juni nach Indonesien zu fliegen, um mir einen Freiwilligeneinsatz an einer Schule zu suchen. Allerdings sind dort Schulferien bis Mitte Juli, also schaue ich gerade, welche Länder ich in der Zwischenzeit bereisen kann. Meine erste Wahl war China, aber die Visums-Bestimmungen sind so schwierig, wenn man es nicht im Heimatland beantragt, dass ich mich nicht wirklich dazu aufraffen kann. Meine zweite Wahl wäre Bangkok gewesen, aber die Kugeln fliegen dort recht tief. Also habe ich mir eine Karte angeschaut, und mein Finger landete zuerst auf Taiwan und dann auf den Philippinen – es wird wohl entweder oder oder vielleicht beides oder doch was anderes; mal schauen.

Seconndary School in Junbesi - morning roll call

Seconndary School in Junbesi – morning roll call

Mein Leben in Junbesi war recht einfach – Sonntags bis Freitags Schule (siehe Teil 2) – vormittags Englischunterricht für Klassen 8, 9 und 10, nachmittags Excel- und Powerpointtraining für die Lehrer, inklusive Umstellung aller bisher handschriftlichen Formulare auf Excel. Internet gab es wie gesagt nicht viel (aber immerhin manchmal), Strom gab es auch nicht viel, abends reichte er oft noch nicht mal zum Befeuern der Glühbirne im Zimmer, und da es auch wirklich kalt war, und ich auf der Höhe noch nicht mal ein Bierchen vertrage, ohne mich am nächsten Tag komplett verkatert zu fühlen, war das Leben ziemlich gesund mit frühen Nächten und relativ viel Schlaf, nur manchmal unterbrochen von beeindruckenden Gewittern und Nonnen (siehe unten).
My landlords in Junbesi - Ang Domi and Ang Puti (Ang being a honorific)

My landlords in Junbesi – Ang Domi and Ang Puti (Ang being a honorific)

Die Trekking-Saison in Nepal geht dem Ende zu, es kamen aber noch ein paar Trekker durch das Dorf, genug um regelmässig für interessante Unterhaltungen und hoffentlich Kontakt in der Zukunft zu sorgen. Mein Gästehaus – die Ang Domi Lodge – war gemütlich, und hatte den absoluten Luxus einer heissen gasbefeuerten Dusche – etwas fast Einmaliges in der Gegend, und gab Glücksgefühle. Sir Edmund Hillary – Mount Everest Erstbesteiger, der unter anderem auch die Schule in Junbesi gegründet hat – hielt sich früher oft in Junbesi und der Ang Domi Lodge auf – sein Bild hängt dort überall.
Sir Edmund Hillary, his second wife, and my landlords

Sir Edmund Hillary, his second wife, and my landlords

Ang Puti with another picture

Ang Puti with another picture


Die Gästehäuser bestehen innen aus Holz – dünne Abtrennungen zwischen den Zimmern, wodurch man so ziemlich jedes Wort und jedes Geräusch aus den Zimmern neben, über und unter sich hört. Für eine Zeitlang lebte in meinen Gästehaus auch eine Gruppe von ca. 10 Nonnen, die an einer Lesung alter Schriften im nahegelegenen Kloster teilnahmen. Man sollte meinen, dass damit auch der Frieden in das Haus eingezogen wäre, aber nein – ab morgens 5 Uhr fing das Gekichere, Geschnattere, Gegackere und Getelefoniere an – von meditativer Stille keine Spur.IMG_1490
Junbesi ist inmitten des buddhistischen Zentrums im hinduistischen Nepal, und wird auch „Sherpa-Dorf“ genannt. Man möge mir meine Ignoranz verzeihen, aber früher dachte ich, Sherpa wäre das nepalesische Wort für „Träger“. Dabei ist es ein Familienname und ein Clan, der Name wird aber mittlerweile synonym für jeden Träger und Tourguide im Himalaya benutzt. Die Sherpas kamen vor mehreren Hundert Jahren aus Tibet und liessen sich in der Himalaya-Region nieder; sie brachten ihre Sprache, Religion und Traditionen mit. Sie sind die Elite des Bergsteigens – es wird spekuliert, dass sich ihre Körper genetisch an die Höhen angepasst haben. 16 von ihnen starben bei dem Lawinenabgang am Mount Everest im April, woraufhin die Expeditionen auf den Berg für diese Saison eingestellt wurden; es ist momentan unklar, wie es weitergehen wird. Durch ihre enge Verbindung zum Berg-Tourismus ist die Familie der Sherpas (und verbundene Familien) signifikant wohlhabender als der Durchschnitt im sehr armen Nepal, und das kann man in Junbesi und Umgebung sehen – das Dorf ist sehr hübsch, im Tal gelegen, umgeben von Bergen (lächerlich mickrigen von 4-5000 Metern), und es gibt einige Lodges, kleine Trekker-Shops, und eine kleine Klinik (für grössere Erkrankungen werden die Patienten allerdings nach Kathmandu ausgeflogen; ich wäre beinahe mit einem geflogen, um einer Spanierin zu helfen, die in Junbesi erkrankte und nicht alleine in einem Kathmandu Krankenhaus sein wollte, aber verpasste den Flug um 10 Minuten). Ich fand die Menschen in der Gegend, zumindest anfänglich, sehr viel verschlossener als ich es in den letzten Monaten in anderen Ländern oder auch in Kathmandu erlebt hatte – das gab sich nach einer Weile, ich nehme an, man musste sich erst mal an die Fremde gewöhnen, und viele der Leute, und ganz insbesondere die Schüler, sind sehr schüchtern.
Junbesi, with Mount Numbur just visible in the background

Junbesi


So wie ich es also in Kathmandu geschafft habe, in der einzigen buddhistischen Enklave zu landen, so bin ich also auch im Hochland wieder zielsicher bei den Buddhisten gelandet, und habe in meiner Freizeit einiges an Zeremonien gesehen. Im grössten und schönsten Kloster der Gegend, Thupten Chöling (ca. 1,5 Stunden von Junbesi), nahm ich einmal am Mittagsgebet teil, und fand es bemerkenswert, wie während der Gebete schnell ein Mittagessen – in absoluter Stille eingenommen – eingeschoben wird. Mir wurde ein Teller, ein Löffel und eine Schale in die Hand gedrückt, und ich durfte mitessen.
Thupten Chöling

Thupten Chöling

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Dal Bhat in the monastery

Dal Bhat in the monastery


Und auch sonst wird dort viel gefeiert (und gegessen, meistens Dal Bhat, mittlerweile mein Lieblingsessen); hier ein kurzes Video, aufgenommen von der Essensschlange im Junbesi-Kloster, um einen kleinen Eindruck der Leute in der Gegend zu geben.

Lama Dance (cham)

Lama Dance (cham)

Celebration in the monastery

Celebration in the monastery

Prayer Flags

Prayer Flags


Nach meinem Drama der Hinreise nach Junbesi war ich schlauer und und nervte jeden, der mir nicht entkommen konnte, mir einen Platz im Jeep für die Rückreise zu buchen – was dann auch geschah. Erste Strecke von Junbesi nach Phaplu, dort Übernachtung, und am nächsten Tag eine 16-Stunden Fahrt nach Kathmandu.
Die Jeep Erfahrung, 1. Strecke: Unglücklicherweise gab es in der Nacht vor meiner Abreise ein schweres Gewitter mit heftigen Regenfällen, und die „Strasse“ war dementsprechend eine Schlammwüste mit tiefen Spurrillen, wassergefüllten Löchern, Sturzbächen und glitschigen Steinen. Das alleine wäre ungemütlich genug gewesen, aber auf 2700 Metern Höhe mit Hunderten steiler Meter nach unten direkt neben einem wurde es ein ziemlicher Nervenkitzel… der Jeep schlidderte und schlingerte sich durch, aber nur so gerade eben. Wie sagen die Buddhisten – wenn es sein soll, dann soll es sein – man wird mit der Zeit recht schicksalsergeben. IMG_1659
12 people in this car - a tight fit

12 people in this car – a tight fit


Die Jeep-Erfahrung, 2. Strecke: Man kann viele Leute in einen Jeep quetschen. Und je weiter wir nach unten kamen, desto heisser und staubiger wurde es, und irgendwann klebt man mit den Leuten zusammen, kein Entrinnen. Dazu die laute indische Popmusik, das ständige Geholper über die Steine und durch die Schlaglöcher (wirkliche Strasse gab es vielleicht für 2 der vielen Stunden, der Rest wird noch gebaut) und ganz einfach die Dauer der Reise – ich kann mich nicht erinnern, je reisekrank geworden zu sein, aber der Jeep hätte es beinahe geschafft. In der Mitte der Reise gibt es einen grossen Fluss, aber leider keine Brücke darüber (wird gerade gebaut oder repariert oder wieder abgerissen). Also wird alles aus dem Jeep geladen, man läuft eine Strecke und über eine lange Hängebrücke (wegen wackeliger Unterlage und Löchern im Boden nichts für Leute mit Höhenangst), dann wartet man, bis ein Jeep aus der Gegenrichtung kommt, und alles wird wieder eingeladen. Dauert zwei Stunden und ist extrem heiß und langweilig. Wenn man kann, engagiert man sich einen Träger für die Hängebrücke – ich bin voll der Bewunderung und Dankbarkeit für die meine, die sowohl mein als auch das Gepäck von einer Mitreisenden auflud – insgesamt locker 45-50 Kilo, alles nur von einem Band um die Stirn herum gehalten. Die Nackenmuskeln möchte ich auch haben (aber ohne die dazugehörige Anstrengung, natürlich).IMG_1694IMG_1698
Auch wenn es ein langer anstrengender Tag war – alles ist besser, als noch einmal den Pass von der Hinreise zu besteigen, daher beschwere ich mich nicht, aber wenn ich noch einmal in Nepal reisen sollte, dann präferiert mit Flugzeug oder Helikopter wo möglich.

Wie gross meine Abneigung gegen das steile Wandern wirklich ist, wurde mir klar, als ich in der dritten Woche den Hang in Junbesi herunterfiel: Mein erster Gedanke war, dass ich mir das Bein gebrochen hatte; mein zweiter: „Gott sei Dank, jetzt kann ich den Notfall-Helikopter nach Kathmandu nehmen!“. Im dritten Gedanken fiel mir auch mir auf, dass das vielleicht ein wenig drastisch war. Ich hatte mir dann auch nur eine Zerrung zugezogen, worüber ich mit dem vierten Gedanken sehr dankbar war.

Himalaya Range - Mount Numbur

Himalaya Range – Mount Numbur


Den wirklichen Himalaya habe ich erst auf meiner Rückfahrt wieder gesehen – ich bin zwar zwischendurch schwach geworden und zwei Stunden den Berg hochgekraxelt, um mir eine empfohlene Aussicht auf die Berge anzusehen; aber leider war es bewölkt, und ein freundlicher Mensch hat mir gezeigt, was ich nicht sah (ganz links der Mount Everest):
At Phurteng - Himalaya View - Real and Alternative

At Phurteng – Himalaya View – Real and Alternative

In den nächsten Tagen gibt es Teil 2 – Freiwilligendienst an der Schule – ich fröne jetzt erst einmal wieder dem süssen Nichtstun :).

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