Am Samstag habe ich Abschied genommen von Myanmar – vorerst. Es war schwer – die Green Island Schule und Khaing Zar’s Familie sind mir sehr ans Herz gewachsen, und es gab die eine oder andere Träne – in den nächsten Tagen werde ich endlich einen langen Beitrag über die Schule mit vielen Bildern hochladen.
Am Freitag, meinem letzten Schultag, gab es noch ein Missverständnis zwischen Khaing Zar und mir – ich hatte gedacht, sie würde den kleinen und grösseren Kindern gegenüber erwähnen, dass ich meinen letzten Tag habe, und hatte mich seit zwei Wochen darauf gefreut, noch einmal zünftig mit Gangnam Style Aerobics (eignet sich hervorragend, englische Verben der Bewegung beizubringen!) Abschied zu nehmen. Sie hat dies extra nicht getan, um erfahrungsgemäßen Tränen bei den Kindern vorzubeugen. Natürlich hatten wir im Vorfeld nicht über Wunsch und Erfahrung gesprochen, und wie das bei fehlender Kommunikation nun mal so ist, gab es Enttäuschung auf meiner und ein schlechtes Gewissen auf ihrer Seite.
Um es wieder gutzumachen, wurden deshalb alle Green Island-Kinder, die gerade auf der Strasse herumliefen, in den Schulbus gepackt und zur Milchbar gefahren, wo mit Milch und Joghurt mein Abschied gefeiert wurde. Und auf dem Rückweg schmetterten die grossen Lautsprecher des (offenen) Busses „Gangnam Style“ durch die engen Gassen, wir sangen lauthals mit, und zogen eine singende, tanzende, lachende Schar von anderen Kindern hinter uns her. Leider gab mein iphone im entscheidenden Moment auf, aber auch ohne Bilder werde ich dies nie vergessen.
Ich lebte in einem armen Stadtteil von Yangon, in den sich keine Touristen verirren. Wo immer ich ging, wurde ich angestarrt. Es ist unfassbar, welche Freude man mit einem einfachen Lächeln oder einem Hallo auslösen kann – das herzerwärmende Lächeln, welches man zurückerhält, die Kinder, die buchstäblich vor Freude auf und abspringen und immer wieder Hallo zurückrufen, die Leute, die einen anhalten, nur um die Hand zu schütteln oder ihre paar Worten Englisch auszuprobieren – unvergesslich. Ich wünsche Myanmar, dass es so bleibt, fürchte aber, dass sich die Freude in den nächsten Jahren in Gewohnheit ändern wird – jedenfalls habe ich noch die Anfänge erlebt.

Street in Northokkalapa, suburb of Yangon
Jeden Morgen wurde ich zwischen vier und fünf Uhr von den Gebeten der Familie geweckt – mein Zimmer lag direkt neben dem Hausaltar, und in Myanmar wird das Gebet laut gesungen und dazu hin und wieder eine Klangschale geschlagen. Es hatte etwas sehr Beruhigendes, meistens bin ich bei den Gesängen wieder eingeschlafen, und auch wenn nicht, sind die Gesänge so schön, dass ich – auch um diese Uhrzeit – gerne zugehört habe. In Myanmar ist man fast den ganzen Tag über von Musik umgeben – seien es Gebete oder unglaublich laute Popmusik, die aus riesigen Lautsprecheranlagen erschallt, welche auf der offenen Tragfläche von Kleinlastern durch die engen Gassen gefahren werden.
Bemerkenswert war auch die Einweihungszeremonie des Buddhas, den die Eltern einem nahen Kloster gestiftet haben: Als erstes kamen früh morgens Mönche ins Haus, und es wurde vor der Buddhastatue gebetet und Geld verteilt. Dann kamen Freunde der Eltern ins Haus, und es wurde ausgiebig gefrühstückt (indisches Dal (Linsengericht mit Reis) und Eiskrem). Der Buddha wurde in das Kloster transportiert, und abends wurde die Zeremonie dort fortgesetzt – diesmal kamen über 20 Mönche, aßen zuerst kräftig, und beteten dann stundenlang, ich nehme an für das Seelenheil der Familie. Ich habe dieses Ereignis und vieles andere als „Taubstumme“ erlebt – wenn Khaing Zar nicht in der Nähe war, gab es wenige, mit denen ich wirklich kommunizieren konnte, und Unterhaltungen gingen über meinen Kopf hinweg. So habe ich das Leben in Myanmar insbesondere als Beobachterin erlebt, was sehr angenehm sein kann, denn es entfällt auch das Bemühen um Smalltalk.
Ich lebe jetzt seit drei Monaten in recht armen Ländern und entwickele ein anderes Verhältnis zum Geld. Ich hatte am Tag vor der Abreise vergessen, das Übergepäck vorauszubezahlen bei Air Asia, der Billigfluglinie Asiens. Ich war nicht sonderlich besorgt, ich hatte die Preise auf der Internetseite gesehen, und dachte, dass ich die ungefähr 30 Dollar dann eben bei der Gepäckabgabe mit dem letzten Myanmar-Geld zahlen würde. Mir fiel alles aus dem Gesicht, als ich vor Ort dann 144 Dollar für 8 Kilo zahlen sollte – ich hätte es, in Gedenken an Ryan Air, besser wissen sollen. Nun muss man wissen, dass 144 Dollar zwei Monatsgehältern eines anfangenden Lehrers in Myanmar entspricht, und ich habe dieses Preisniveau mittlerweile verinnerlicht. Dementsprechend war ich wirklich geschockt – ich habe nichts dagegen, dieses Geld an Bedürftige zu spenden, aber einer Fluggesellschaft in den Rachen zu schmeissen? Ich handelte den Preis dann auf knapp 100 Dollar hinunter, grummelte aber immer noch vor mich hin, als ich mein dadurch verbliebenes Myanmar Geld in Dollar umtauschte, und sich unglaublicherweise der Mensch im Tauschbüro vertat und mir fast das Doppelte in Dollar herausgab, das mein Geld Wert war. Wie zerronnen so gewonnen (und nein, ich habe ihn nicht darauf hingewiesen). Bis ich an meinem Gate ankam, hatte ich mich selber überzeugt, dass ich nicht 100 Dollar ausgegeben, sondern im Gegenteil 50 Dollar gespart hatte: Bei letzten Air Asia Flug hatte ich 3 Kilo kostenloses Übergepäck (48 Dollar gespart), das kleine Buddhaarmband, das ich kaufen wollte, gab es nicht mehr (5 Dollar gespart), 38 Dollar zu viel beim Tausch erhalten, knapp 40 Dollar heruntergehandelt, 30 Dollar hätte es eh gekostet – na also. Ich gönnte mir zur Feier ein Käsesandwich, warf noch eine Spende in die Box ein, und verliess frohgemut Myanmar – auf zu meinem nächsten Ziel, Nepal.
Hi Gudrun, schön, wieder von Dir zu hören. Man spürt, wie schwer Dir der Abschied von Myanmar fiel. Bin gespannt auf Deine Berichte aus Nepal. Ich wünsche Dir gutes Schuhwerk und Pflaster.
Hallo und danke! Was für ein Pflaster? Hier springt man von Schlagloch zu Schlagloch oder marschiert gleich durch den Schlamm 🙂 Apropos Schuhwerk – mir war nicht bewusst, wie indisch angehaucht Nepal ist, und meine Kuh-Wanderschuhe werden hier etwas misstrauisch beäugt… Mir gefällt Kathmandu aber bisher ziemlich gut.
Hi Gudrun, I see you´ve moved on. We are looking forward to going to Myanmar later this year. Many thanks for all your help and good luck with your travels.
Thanks Nick! Have a great time in Myanmar, and send me an email if you have questions or need anything.